Kann die Maschine den Mensch ersetzen? Diese Frage beschäftigt Arbeitnehmende und Unternehmen branchenübergreifend. Bis zu 12 Millionen Berufswechsel werden bis 2030 erwartet, weshalb McKinsey eine neue Zukunft der Arbeit ausgerufen hat. Grund ist die große Transformation durch Künstliche Intelligenz (KI), den Einsatz von Robotik und die steigende Automatisierung.
Für die Life Sciences Industrie, die als Early Adopters schon früh die digitale Transformation begrüßt hat, bedeutet es einerseits, Forschung und Entwicklung, Produktion und Lieferketten als auch Vertrieb und Beratung neu zu denken (siehe auch hier). Andererseits kann es für die Beschäftigten das Gefühl verstärken, in einer BANI-Welt zu leben, die grundlegend als brüchig und unsicher wahrgenommen wird.
Wie sich die Life Sciences Industrie diesem Transformationsprozess stellen kann, um die Beschäftigten für den zukünftigen Einsatz von Automatisierung und KI erfolgreich zu bewältigen, soll hier beschrieben werden.
Automatisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz in der Life Sciences Industrie - drei Säulen der Transformation
Die Automatisierung von Herstellungsprozessen in der Pharmaindustrie hat schon Anfang des letzten Jahrhunderts stattgefunden und sich in den 1950er Jahren mit dem Einsatz von ersten Robotern fortgesetzt. Wie in der gesamten Life Sciences Branche liegen die Vorteile der Automatisierung vor allem in der Beschleunigung der Herstellung, der präzisen Wiederholbarkeit von Abläufen und der daraus resultierenden Standardisierung.
Dabei beschreibt Automatisierung den übergeordneten Prozess, bei dem Abläufe ohne menschliches Zutun erfolgen. Robotik stellt die physische Komponente dar, während die KI die Systeme intelligent und lernfähig macht.
Labor 4.0 in der Pharmaindustrie und Biotechnologie
Die besonderen Bedingungen, die in der Life Sciences Industrie in Forschung und Produktion durch beispielsweise die Reinraum-Tauglichkeit und Zulassungsbedingungen vorgegeben sind, lassen die Automation hier zu den anspruchsvollsten Disziplinen werden. Gleichzeitig ist es ein Gewinn versprechender Markt, der beispielsweise für Pharmarobotik bis ins Jahr 2034 um fast 14% wachsen soll. Durch den Einsatz von KI und maschinellem Lernen können - wie beispielsweise in der Chemie - Roboter zunehmend die Rolle der Forschenden übernehmen. Forscher mit langen Arbeitszeiten und viel Geduld. Die Zeitersparnis und die reibungslose Analyse großer Datenmengen bieten den menschlichen Forschern die Möglichkeit, sich stärker auf die Interpretation der Ergebnisse (Automatisierung in der pharmazeutischen Industrie: Innovation & Effizienz) und die Entwicklung zu konzentrieren.
Durch den Einsatz des Industrial Internet of Things (IIoT) und maschinellen Lernens kann ein gesamtes Labor weitgehend autonom und rund um die Uhr betrieben werden.
Das Labor 4.0 wird dabei von einer Agentic AI betrieben, die eigenständig Entscheidungen trifft und große Datenmengen in kürzester Zeit analysieren und verarbeiten kann.
Auswirkungen auf die Beschäftigung
Die körperlich repetitiven Tätigkeiten, die bereits durch roboterbasierte Automatisierung ersetzt wurden, können nun durch den Einsatz von KI auch auf Berufe mit kognitiven und hochqualifizierten Aufgaben ausgeweitet werden.
McKinsey geht davon aus, dass branchenübergreifend und deutschlandweit bis zu 3 Millionen Jobs von einer Veränderung betroffen sein können. Für die Life Sciences Industrie bedeutet dies, dass nahezu alle Bereiche – von der Lagerhaltung und den Lieferketten über Regularien und Compliance-Fragen bis hin zu Forschung und Entwicklung – künftig schneller und präziser durch (generative) KI unterstützt oder teilweise sogar ersetzt werden können. Ein Produktivitätsschub von 3% ist laut McKinsey möglich. Allerdings sind für den Einsatz von KI gewisse Voraussetzungen notwendig. Einerseits besteht für viele Arbeitskräfte die Notwendigkeit, sich von schrumpfenden hin zu wachsenden Berufsfeldern umzuorientieren.
Dabei steigt insbesondere die Nachfrage nach technologischen Kompetenzen – ebenso wie nach emotionalen und sozialen Fähigkeiten. KI-Entwickler, Ingenieure für maschinelles Lernen (Machine Learning Engineers), Datenanalysten und Online Marketing Experten werden verstärkt benötigt und können mit einer professionellen Personalberatung eingestellt werden. Menschliche Fähigkeiten werden sowohl für den kompetenten Umgang mit Technologie als auch für zwischenmenschliche Aufgaben, etwa im Bereich Führung und Zusammenarbeit, benötigt.
Notwendigkeit eines Change Managements
Andererseits muss die Belegschaft durch ein gezieltes Change Management an neue Arbeitsweisen herangeführt werden. Bei den besonderen Ansprüchen der Pharmaindustrie mit komplexen Daten und regulatorischen Vorschriften müssen Mitarbeitende zusammenarbeiten. Führungskräfte sollten daher einen strategischen Fahrplan entwickeln, der zentrale Maßnahmen priorisiert und den Wandel aktiv gestaltet.
Wichtig sind zum Beispiel:
- transparente Kommunikation
- systematische Upskilling Programme, die auch beispielsweise mit VR erfolgen können
- interne Talententwicklung
- Umschulungen
- Zeit für den Transformationsprozess einplanen
Risiken
Es gibt zahlreiche Vorteile der Digitalisierung und Automatisierung in der Life Sciences Industrie. Abgesehen davon, dass rund 70% der Transformationsprojekte an mangelnden Investitionen, fehlenden Kompetenzen oder überhöhten Zielsetzungen scheitern, sollten jedoch auch die damit verbundenen Risiken berücksichtigt werden. Gerade im Umgang mit sensiblen Daten in der Pharmaindustrie gewinnen Datensicherheit und Datenschutz zunehmend an Bedeutung. Industriespionage durch Hacker ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Gleichzeitig können aufgrund der zunehmenden Vernetzung verschiedener Anwendungen Fehler und Ausfälle auftreten, deren Analyse und Behebung sehr komplex sein kann. Auch in diesem Bereich sollte ein Unternehmen die potentiellen Gefahren klar innerhalb der Belegschaft kommunizieren und das richtige Personal einstellen. Gleichzeitig dürfen die Unsicherheiten, die der Einsatz von generativer KI und Large Language Models (LLMs) mit sich bringt, nicht unterschätzt werden – insbesondere, wenn die KI fehlerhafte Informationen („Halluzinationen“) erzeugt oder Inhalte auf manipulative Weise darstellt.
Für die Belegschaft bedeutet jede Transformation auch Stress. Psychische Belastungen können sowohl durch eine übermäßige Benutzung digitaler Anwendungen entstehen, als auch durch die Sorge, von der Maschine ersetzt zu werden. Unternehmen sollten daher ethische Fragen im Umgang mit Daten und Mitarbeitenden proaktiv adressieren und klare Leitlinien entwickeln.
Fazit
Die Transformation durch den Einsatz von KI in der Automatisierung hat in der Life Sciences Industrie als Early Adopter schon begonnen. Sie bietet zahlreiche Vorteile - von Zeitersparnis über höhere Präzision und Zukunftsfähigkeit bis hin zu neuen Möglichkeiten in der Forschung. Da dieser Wandel sehr umfassend ist und alle Beschäftigten eines Unternehmens betrifft, sollte er sorgfältig und strategisch gestaltet werden. Eine offene Personalkommunikation, wie hier am Beispiel Krankenhaus erläutert, hilft, die Belegschaft einzubinden und das Unternehmen auch nach außen attraktiv zu halten. Für Umschulungen und Upskilling kann die Unterstützung einer Personalberatung sinnvoll sein, damit Mitarbeitende Technologieoffenheit als Chance und nicht als Bedrohung erleben. Für ein erfolgreiches Change Management sind darüber hinaus menschliche Fähigkeiten wie Empathie und Führungsqualitäten entscheidend. Eine Personalberatung kann den gesamten Prozess professionell begleiten.






